Das Ende der 50%-Mietwohnungs-Quote?

Seitdem der Gemeinderat letztes Jahr im Mai mit nur einer Stimme Mehrheit beschlossen hat, dass bei zukünftigen Bauprojekten eine 50%-Quote von gefördertem Mietwohnungsbau gelten soll, hetzen Stadtbau (FSB), Wohnungs(bau)wirtschaft und Marktradikale sowie die Badische Zeitung gegen diesen Beschluss.

Symbol und Unsichtbarmachung
Seit diesem symbolischen Beschuss öffnete der Gemeinderat für jedes Bauprojekt die Hintertür und beschloss Ausnahmen. In dieser Zeit wurde nicht nur kein einziges Projekt mit 50%-Quote auf den Weg gebracht, sondern es kamen im letzten halben Jahr nur GegnerInnen des Beschlusses in der Badischen Zeitung (BZ) zu Wort. Dabei hätte die BZ einiges zu berichten:

Bauverein e.G. gegen 50%
Die Genossenschaft stellt sich öffentlich gegen den Beschluss und behauptet, dass sich 50% geförderter Mietwohnungsbau nicht rechne. Zugleich aber kauft der Bauverein e.G. der Wohnbau Baden AG geförderte oder mietpreisgebundene Wohnungen auf Gutleutmatten ab und stellt diese dann ihren GenossenInnen zur Verfügung. Wenn selbst das, eine Station weiter in der Wertschöpfungskette, offenbar finanzierbar ist, warum soll sich selber Bauen dann nicht umso mehr rechnen???

Bauverein Wem gehört die Stadt für 50%
Der Bauverein Wem gehört die Stadt (WgdS) aus dem Mietshäuser Syndikat hat in einer Stellungnahme Anfang Dezember erneut untermauert, dass sich „Sozialer Wohnungsbau“ rechnet. So nahm WgdS detailliert die scheinbar (Un-)Wirtschaftlichkeitsberechnung der FSB auseinander, die nicht müde wird, gegen den 50%-Beschluss zu arbeiten. WgdS kommt auf eine Eigenkapitalverzinsung von 1,14%, die die Wohnungen bei 6.50€/m² im Monat abwerfen. Braucht es wirklich noch mehr Profit?

Muss sich das rechnen?
In der Debatte findet sich überall das Argument, der soziale Wohnungsbau lasse sich rechnerisch nicht „darstellen“ – mache also keinen Gewinn. Aber muss sich sozialer Wohnungsbau den überhaupt in diesem Sinne rechnen? Nach dieser Logik dürfte es keinen ÖPNV geben, der wird stark bezuschusst und finanziert sich nicht nur durch die Fahrpreise. Die Kultur, ein schwarzes Loch, das nur kostet. Schulen, Kitas und erst Krankenhäuser, ein fortlaufend desaströses Negativgeschäft,… Es stellt sich die Frage, ob bei sozialer Infrastruktur, zu der auch die Wohnversorgung gehört, nicht Bedürfnisbefriedigung statt Gewinnerzielung im Mittelpunkt stehen muss.

Reichen denn 50%? Und ist zu viel bezahlbarer Wohnraum ein Problem?
Angesichts der massiven Unterversorgung von zigtausenden Menschen mit bezahlbarem Wohnraum stellt sich die Frage, ob die symbolischen 50% überhaupt reichen. Wieviele Menschen könnten einen Wohnberechtigungsschein beantragen und wieviele Sozialwohnungen stehen dieser Zahl gegenüber? Müssten nicht diese Zahlen die Grundlage der Wohnungspolitik sein und nicht der Gewinn, der sich aus der Wohnversorgung erzielen lässt?
Und für wenn ist es ein Problem, wenn es einen Überschuss an bezahlbaren Wohnraum gibt?

Angriff auf die 50%-Quote
Doch die Frage ist: Wie lange wird die Quote noch Bestand haben? Auf einer Lobbyveranstaltung der „Immobilien-Zeitung“ im Dezember wurde erneut gegen die Quote geschossen. Im Anschluss forderte der teilnehmende Baubürgermeister Haag, die BZ gab ihm dazu erneut ein Forum: Der Gemeinderat solle den Beschluss zurückzunehmen. Wenn wir nicht den Mund aufmachen, wird die Quote nach der Landtagswahl wohl beerdigt werden.