STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (06/07 2015)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten (Rückblick 15. Juni – 15. Juli 2015)

[FR] BZ SCHÜRT RASSISMUS UND VERLEIHT SICH DAFÜR PREIS
Die Badische Zeitung hat sich selbst einen Preis für ihre lokale Berichterstattung über unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Freiburg verliehen. Gestiftet wird der Ralf-Dahrendorf-Preis von den Verlegern der Badischen Zeitung. Über Monate hatte die BZ kampagnenhaft jede Polizeimeldung über kleinere Diebstähle und Raub aufgegriffen und das Geschehen mit einer  Gruppe unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge oder noch kreativer deren „Umfeld“ in Verbindung gebracht. Der Stühlinger Kirchplatz wurde von der BZ zur no-go area erklärt. Die Polizei verstärkte seitdem ihr gewohntes Vorgehen des racial profiling noch. Ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling in Freiburg saß in der Folge fünf Monate ungerechtfertigter Weise in U-Haft. Minderjährige Flüchtlinge in Freiburg haben seitdem, dank BZ, mit noch mehr Vorurteilen zu kämpfen.

DIE MIETPREISBREMSE IST EIN MITTELSCHICHTS – BEFRIEDUNGSPROGRAMM
meint der Stadtsoziologe Andrej Holm. Sie besagt, dass Mieten bei der Wiedervermietung nicht mehr als 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Ausgenommen sind sanierte Wohnungen und Erstvermietungen. Das Instrument gilt bisher nur in Berlin und einigen Städten in Nordrhein-Westfalen. In Freiburg ist sie trotz angespannten Wohnungsmarkt nicht in Sicht. Holm erläutert, dass lediglich Haushalte mit mindestens durchschnittlichen Einkommen von der Mietpreisbremse profitieren könnten. GeringverdienerInnen oder auch Menschen im Hartz-IV-Bezug allerdings bräuchten Mieten unter dem Mietspiegel-Niveau. Das könne die Mietpreisbremse nicht bieten. Was es angesichts der fortgesetzten Ertragserwartungsspekulation in den  Städten mit angespannten Wohnungsmärkten braucht, so Holm, ist keine Mietpreisbremse, sondern eine Verwertungsbremse.

SOZIALER WOHNUNGSBAU LOHNT SICH DOCH
Entgegen der Propaganda der marktradikalen Freiburger Grünen, der CDU und der Baulobby ist es durchaus möglich, auch nach dem Beschluss, der bei zukünftigen Bauprojekten eine Quote von 50 Prozent geförderten Mietwohnungsbau vorsieht, Projekte zu realisieren. So baut die Wohnbau Baden AG z.B. auf Gutleutmatten etwa 20 Mietwohnungen, die alle sind öffentlich gefördert oder mietpreisgebunden sind, wodurch die Mieten 20 bis 33 Prozent unter Mietspiegelniveau liegen werden. Es wird mit Mieten von 6,50 bis 7 Euro pro Quadratmeter gerechnet. Die Wohnbau Baden AG wird das Gebäude nach dem Bau an den Bauverein Breisgau verkaufen. Und trotz der geringeren Mieten scheint sich das Ganze für alle zu lohnen.

SCHADENSERSATZ FÜR MIETERINNEN BEI VORGETÄUSCHTEM EIGENBEDARF
Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil verkündet: MieterInnen haben Anspruch auf Schadensersatz, wenn ihr Vermieter bei der Kündigung den Eigenbedarf nur vorgetäuscht hat. Der Schadensersatzanspruch besteht in der Regel auch, wenn beide Seiten im Zuge des Rechtsstreits einen sogenannten Räumungsvergleich geschlossen haben.

BULGARISCHE REGIERUNG WILL WEITER HÄUSER VON ROMA ABREISSEN
Obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass keine weiteren Häuser von Roma abgerissen werden dürfen, solange keine Ersatzunterkünfte gesichert sind, fährt die Bulgarische Regierung mit dem Abriss fort. Die Regierung bezeichnet die Siedlungen als illegal, obwohl sie teilweise schon seit Jahrzehnten bestehen. Der Abriss scheint eine Wahlkampfstrategie zum Stimmengewinn bei antiziganistisch eingestellten WählerInnen zu sein.

MODERNE SKLAVEREI IN UNGARN
Die aufgezwungenen Arbeitsprogramme für SozialhilfebezieherInnen, die besonders viele Roma mit voller Härte treffen, sollen nun auch auf Saisonarbeit in privaten Unternehmen ausgedehnt werden. Für welches Unternehmen sie für wie lange und zu welchen Konditionen arbeiten, liegt im Ermessen der Kommune. Eine Kündigung würde das Ende jeglicher finanziellen Unterstützung bedeuten. Qualifikation, Wohnort und familiäre Lebenssituationen spielen keine Rolle, ein Widerspruch ist nicht möglich. Der maximale Lohn beträgt bei einer 40-Stunden-Woche umgerechnet 170€ im Monat, 130€ unter gesetzlichem Mindestlohn. Das private Unternehmen zahlt eine „Leihprämie“ von 1,70€ pro Tag und Arbeitskraft an den Staat

[FR] SELEKTIONSLAGER STATT DEZENTRALEN WOHNENS
Die Stadt Freiburg, die jahrelang ihren Streubesitz der Stadtbau entgegen dem BürgerInnenwillen verkauft hat, jammert weiter über die Schwierigkeit, Flüchtlinge mit Wohnraum zu versorgen. Konnte ja angesichts weltweiter Krisen und von Deutschland mitproduzierter Armut niemand wissen, dass viele ihre Heimat verlassen müssen. Statt konsequent Initiativen zu fördern, die sich für ein Zusammenleben mit Geflüchteten einsetzen, unterstützt die Stadt lieber die Abschreckungspolitik des Landes. So soll schon ab Ende August auf dem Gelände der derzeitigen Polizeiakademie eine „bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle“ entstehen. Hinter dem Zaun werden entweder Container oder gar ein Tragluftzelt als Unterkunft dienen. Die untergebrachten Flüchtlinge müssen ihre  Fingerabdrücke abgeben, dürfen das Freiburger Stadtgebiet nicht verlassen und bekommen Sach- statt Geldleistungen. Vor allem aber werden sie sortiert: Nach „guten“ und vermeintlich „schlechten“ Flüchtlingen. Nach „nützlichen“ und vermeintlich „unnützlichen“ Flüchtlingen. Als Folge solcher Einteilung wird sogar über Sonderlager für Westbalkanflüchtlinge diskutiert. Lager extra für Roma, hatten wir das nicht schon mal?

[FR] MEHR GELD FÜRS WOHNEN FÜR HARTZ-IV-EMPFÄNGERINNEN IM UMLAND
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass das Jobcenter Breisgau-Hochschwarzwald um 150,70 € höhere  Unterkunftskosten an eine Familie im Bezug von Hartz-IV-Leistungen zahlen muss. Die Wohnkosten überschritten das, was bisher als „angemessene“ Kosten der Unterkunft angesehen wurde. Der Landkreis verfügt bisher über kein schlüssiges Konzept zur Angemessenheitsgrenze und muss jetzt höhere Mietstufen zur Berechnung heranziehen. Das Urteil führt nicht nur im Freiburger Umland, sondern auch in Umlandgemeinden anderer Städten zur Verbesserungen. Wer hier wohnt und Teile der Miete aus eigener Tasche zahlt, sollte sich über Widerspruchsmöglichkeiten informieren.

GRÜN-ROT SCHIEBT MASSENHAFT AB
Allein in den ersten 6 Monaten diesen Jahres wurden 1080 in Baden-Württemberg lebende Menschen abgeschoben. Nun steigert grün-rot die Unmenschlichkeit aber noch einmal. Vom 13. Juli an sind mindestens 15 Sammelabschiebeflüge aus Baden-Württemberg in nur sieben Wochen geplant. Allein am 13. und am 15. Juli wurden 167 Menschen über den Baden Deportation-Airport abgeschoben. Die meisten Betroffenen wurden dabei mitten in der Nacht, noch vor 4 Uhr morgens, gegen ihren Willen von der Polizei abgeholt. Die Sammelabschiebungen nach Serbien und Mazedonien sollen jeweils in der Nacht von Sonntag auf Montag, die Sammelabschiebungen in den Kosovo in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch stattfinden.