Freiburg – Zahlen bitte!

Auch wenn es in Freiburg nicht am Problembewusstsein für die Wohnungsmisere, sondern am politischen Willen fehlt (diese auch gegen den „geliebten Markt“ zu lösen), wollen wir heute mal wieder einen Blick in aktuelle Studien werfen.

Da freut sich das Kapital
Die Sparkasse Freiburg verkündet (BZ 5.2.), dass sie 2013, im vierten Boomjahr, das beste Ergebnis ihrer Unternehmensgeschichte vorzuweisen hat. Der Durchschnittserlös beim Verkauf von Neubau liegt bei 4200€/qm (+11%), seit 2010 ist das sogar eine Steigerung um 36%.
Neubau hilft, den Reichen: 40% der Transaktionen wurden bei der Sparkasse mit 100% Eigenkapital der KäuferInnen finanziert.
Der Immobilienverband kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Neubauwohnungen werden dort mit 3530€/qm (+7,8%) gehandelt.
Nach einer Studie der LBS-Bank sind in Freiburg 194% des Durchschnittseinkommens nötig, um sich eine Immobilie leisten zu können; bundesweit der dritthöchste Wert.

Immobilienblase!? – Peng!
Die Sparkasse verneint die Existenz einer Immobilienblase in Freiburg, beim IMXBubble (Blasenbildungsindex) von ImmobilienScout24 gilt der Freiburger Immobilienmarkt als „überhitzt“. Dort wird bundesweit der 2. höchste Wert verzeichnet. Die Mieten sind in 5 Jahren um durchschnittlich 14,6% (9,44€/qm) und der Preis für Eigentumswohnungen um 47,7% gestiegen. (Immowelt)

Die sozialen Auswirkungen des „Marktgeschehens“ und der Politik
Die aktuellen Zahlen der ‚Liga der Freien Wohlfahrtsverbände‘ belegen einen erheblichen Anstieg der wohnungslosen Menschen in Baden-Württemberg. Ihre Zahl stieg um 9,4%. Der Frauenanteil liegt bei 26%. Bei den unter 25-Jährigen, bei denen es einen Zuwachs um 12,7%, gibt liegt der Frauenanteil bei 39%. Die erhobenen Daten der freien Wohlfahrtsverbände sprechen von ca. 800 Hilfesuchenden in Freiburg. Als Grund für den Anstieg werden in der Studie das Fehlen von Sozialwohnungen (u.a. durch Auslaufen der Sozialbindungen), zu geringe Sätze für die Kosten der Unterkunft im Hartz IV, die Hartz-IV-Sanktionspraxis bei unter 25-Jährigen und hohe Energiekosten genannt.

Der absurde Streit um die Zahlen
Die speziellen Zahlen zu Freiburg sind nicht komplett, da die Stadt Freiburg sich mit ihren kommunalen Einrichtungen bewusst nicht an der Erhebung beteiligt hat. Sozialbürgermeister von Kirchbach bezeichnete die Erhebung als „Zahlenfriedhof“. So pries er die Notschlafübernachtung OASE (Der Sonntag 9.2.) in der Haslachstr. 11 als „eines der modernsten Übergangswohnheime in ganz Europa“ an. Selbst wenn dies stimmen sollte (ging es in seiner Aussage um die Architektur des Hauses?, die Erfolgsquote in der Vermittlung in Wohnraum?, …), bleibt die Frage, ob Europas modernste Armutsverwaltung die Antwort auf die Wohnungsmisere sein soll.
Laut den eigenen Zahlen der Stadt im „Handlungsprogramm Wohnen“ fehlen allein für ‚Gruppen mit besonderen Bedürfnissen‘ (Gemeinderat am 26.11.2013 TOP 1, Anlage 3) einmalig 839 und jährlich 438 Wohnungen. Sich mit Kritik an der Statistik zu beschäftigen, soll wohl vom Versagen der Wohnungspolitik ablenken. Im Handlungsprogramm findet sich keine befriedigende Antwort darauf, wie die Stadt gedenkt, den selbst prognostizierten Bedarf zeitnah auch zu decken.
Ein Leserbriefschreiber in der BZ (7.1.) meinte hierzu zu Recht, dass die einmaligen 1,9 Millionen Euro die nun zur Deckung dieser Bedarfe eingeplant sind vielleicht gerade einmal für 50 Wohnungen ausreichten.