Kameraüberwachung macht Freiburg nicht sicherer

Im Januar oder Februar wird die Videoüberwachung in der unteren Bertoldstraße und im sogenannten Bermudadreieck in Betrieb gehen. Die Datengrundlage, auf die die Freiburger Polizei die Überwachungsmaßnahme stützt, ist äußerst mau und würde einer rechtlichen Prüfung voraussichtlich nicht standhalten. Die Kameras werden keine Straftat verhindern. Stattdessen schaffen sie ein Klima der Angst.

Schon einmal vor Gericht gescheitert….
Mit dem Versuch die untere Bertoldstraße, also die Verbindung zwischen Altstadt und Bahnhof, zu einem „gefährlichen Ort“ zu erklären, womit sie nach dem Polizeigesetz verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen dürfte, ist die Polizei bereits vor Gericht auf die Nase gefallen. Im Fall einer Personenkontrolle im Rahmen einer Großkontrolle von Polizei und VAG entschied das Verwaltungsgericht, dass die untere Bertoldstraße zumindest tagsüber kein gefährlicher Ort sei.
Nun sollen die genannten Bereiche in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag jeweils von 22 – 06 Uhr mit Kameras überwacht werden. Zu der Zeit treiben sich dort doch sowieso nur besoffene Jugendgruppen aus dem Umland rum, da kann die Überwachung so falsch nicht sein: In etwa so scheinen einige in Freiburg zu denken, zumindest hält sich das öffentliche Interesse oder gar die Empörung über die angekündigte Überwachung des öffentlichen Raums sehr in Grenzen. Schade, denn viele Gründe sprechen gegen diese freiheitseinschränkende Maßnahme. Zum einen der rechtliche Aspekt: Um eine erhöhte Kriminalitätsbelastung nachzuweisen, teilt die Polizei einfach die Altstadt in verschiedene Flächen ein. Bermudadreieck und untere Bertoldstraße machen dann einen Flächenanteil von 2,29 % aus, weisen aber 13,2 % der sogenannten Straßenkriminalität der Altstadt auf. Die Polizei lässt allerdings außer Acht, dass sich in diesen Bereichen auch besonders viele Menschen tummeln. Bezogen auf diese große Zahl der Leute wäre die erhöhte Anzahl an Straftaten im Vergleich zu weniger belebten Straßen wohl auch nicht mehr besonders auffällig. Damit ignoriert die Polizei die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses erklärte, dass „gefährliche Orte“ nicht eingerichtet werden dürften, wenn es sich lediglich um Orte größerer Zusammenkünfte handele.

Es ist bedenklich, wenn von der Justiz eingezogene Schranken bei der Überwachung nicht beachtet werden, schlimmer ist allerdings noch, was das Ganze für das Klima in der Stadt bedeutet. Der kommunale Vollzugsdienst, der als KOD einst selbst im Gemeinderat noch mehrheitlich abgelehnt wurde, ist mittlerweile aufgestockt. Viele haben sich wohl schon an den Anblick gewöhnt und so wird wohl auch eine Gewöhnung an die Kameraüberwachung einsetzen. Der kommunale Vollzugsdienst drangsaliert StraßenmusikerInnen und BettlerInnen und geht gegen „Lagern und Nächtigen“ im öffentlichen Raum vor. Mit Sicherheit hat das nichts zu tun. Und so wird es letztlich auch mit den Kameras sein. Kein potenzieller Straftäter begeht eine Tat wegen einer Kamera nicht; gerade wenn Alkohol im Spiel ist, sollte das eigentlich jedem klar sein. Letztlich geht es darum, ein Klima zu schaffen, das von einer Norm abweichendes Verhalten sanktioniert. Die „Norm“ ist dabei, das sollte jedem klar sein, veränderbar. Wie das enden kann, zeigt der Blick nach China. Dort gibt‘s Abzug im Sozialkreditsystem, wenn sich jemand nicht nach Vorstellung der Staatsführung verhält, was z.B. dazu führen kann, keine Bahntickets mehr kaufen zu können. Überwacht wird alles u.a. mithilfe von Kameras mit Gesichtserkennung. Die Freiburger Bevölkerung würde sich auch daran gewöhnen.