Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Mai bis 15. Juni)

Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. Mai bis 15. Juni)Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.

[FR] ORDNUNGSDIENST ABSCHAFFEN!
Im Gemeinderat wurde Ende Mai die Evaluation der sogenannten Sicherheitspartnerschaft (SIPA) vorgestellt. Hauptergebnis: Beim kommunalen Vollzugsdienst (VD), dem Hauptaspekt der Sicherheitspartnerschaft, handelt es sich um eine „Armen-Polizei“ bzw. eine Polizei gegen Arme. Das zeigt auch der Blick auf die Statistiken zu den Einsätzen des VD: So trafen im Jahr 2019 z.B. 23,88 % der ausgesprochenen schriftlichen Verwarnungen Personen, die gezwungen sind zu betteln, 23,28 % der schriftlichen Verwarnungen betrafen das Thema „Notdurft“. Statt den Vollzugsdienst einzusetzen, wäre die Eröffnung von mehr öffentlichen Toiletten die sinnvollere Variante. Trotz BZ-Propaganda kommt der VD auch bei der Bevölkerung nicht unbedingt gut weg. Zwar stimmten bei der Erhebung des Instituts FIFAS 64 % der Aussage „Der Vollzugsdienst (VD) trägt dazu bei, die Sicherheit in Freiburg zu erhöhen“ zu, allerdings ist das Verhältnis bei der Aussage „Es wäre wichtiger, sich um die wirklichen Probleme in Freiburg zu kümmern als um Ordnungsstörungen“ 50 zu 50. Bei der persönlichen Kommunikationserfahrung mit dem VD ist das Ergebnis auch zweigeteilt (48% positiv; 52% negativ). Bei ca. 40% der Befragten löst der VD ein Gefühl des Unbehagens hervor, v.a. bei jüngeren Menschen. Diese Ergebnisse kommen zustande, obwohl fast ausschließlich Anwohner*innen von Plätzen, die schon lange mit Lärmkonflikten vorbelastet sind, befragt wurden. Nutzer*innen von Plätzen und auch bettelnde Menschen wurden nicht befragt. Insgesamt werden in der Befragung nicht-polizeiliche, präventiv orientierte Maßnahmen am stärksten befürwortet. So erhalten die Maßnahmen „Gewaltprävention für Jugendliche, Ausbau des nächtlichen ÖPNV, mehr Straßensozialarbeit und Ausbau nächtlicher Beleuchtung“ Zustimmungswerte von teilweise über 90%. Dass die an der Evaluation ebenfalls beteiligte Unternehmensberatung TC TeamConsult zum Ergebnis kommt, die SIPA sei erfolgreich, ist wenig erstaunlich, schließlich hat die Beratung den Vollzugsdienst, den sie nun evaluieren sollte, selber konzipiert. Dass die Kriminalitätswerte in anderen Städten ebenfalls zurückgingen, blieb in der Evaluation unberücksichtigt. Würde man die Schwächen der Evaluation beheben, alle Betroffenen befragen und auch ernst nehmen, dass sich die Menschen mehr Geld fürs Soziale wünschen, bliebe nur eine Schlussforderung: kommunalen Vollzugsdienst abschaffen.

LAGER MACHEN KRANK
In der Coronakrise werde die Ratschläge des Robert-Koch-Instituts oft in Regierungshandeln umgesetzt. Wenn es um die Schwächsten der Gesellschaft und gegen die bisherige Politik geht, zählen die Ratschläge des RKI aber offenbar wenig. In einem bisher unveröffentlichen Papiers des RKI heißt es, dass das Covid19-Übertragungsrisiko in Gemeinschaftsunterkünften „besonders hoch sei, da hier viele Menschen auf engem Raum zusammenleben und Wohn-, Ess- und Sanitärräume gemeinsam nutzen“. Das RKI spricht sich entschieden dagegen aus, ganze Unterkünfte unter Quarantäne zu stellen. Die Belegung sollte deutlich entzerrt werden. Nicht nur in Ellwangen hatten sich zahlreiche Schutzsuchende im Sammellager mit dem Virus infiziert. Die Ratschläge des RKI finden in der Politik kaum Gehör.

MÜNCHEN: FÖRDERUNG VON WOHNEIGENTUM WIRD EINGESTELLT
Anders als in Freiburg, wo trotz knapper Flächen und eklatanten Mangels an bezahlbaren sozialen Mietwohnungen immer noch viel Grund und Boden an Baugemeinschaften für Besserverdienende vergeben wird, geht München nun anders vor. Die Förderung „München Modell Eigentum“ wird durch Grün-Rot eingestellt und damit werden keine Flächen mehr vergünstigt an Eigentumsprojekte abgegeben. „Es geht uns darum, möglichst viele Wohnungen für möglichst viele Menschen zu bauen, da sind andere Förderinstrumente eher zielführend“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Müller. „Die Förderung von Eigentum auf Münchner Grund ist angesichts der wenigen noch verfügbaren städtischen Flächen und der aktuellen Finanzsituation nicht mehr angemessen.“ Nun sollen z. B. mehr Mietshäuser-Syndikatsprojekte entstehen.

[FR] MIETERHÖHUNGEN BEIM BAUVEREIN
Beim Bauverein Breisgau wurden die Mieten trotz Coronakrise teilweise um knapp 10 % erhöht. Ein Moratorium galt nur für Mieterhöhungen, die nach dem 20. März verschickt worden waren. MieterInnen der Genossenschaft fordern nun, dass der Bauverein auf die turnusmäßigen Mieterhöhungen alle drei Jahre verzichtet und immer einen bestimmten Betrag unter dem Mietspiegel bleibt.

[FR] GEWALTVOLLE ABSCHIEBUNG
Mitte Juni wurde ein psychisch erkrankter Mann im Freiburger Flüchtlingswohnheim Bissierstraße gewaltsam zur Abschiebung festgenommen. Der 48-jährige Mann, der seit 2015 in Freiburg lebte, war u. a. wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bereits in Behandlung im Zentrum für Psychiatrie Emmendingen. Nun wurde er um zwei Uhr nachts zusammen mit seiner Ehefrau von der Polizei abgeholt und über den Baden Airpark im Zuge einer Sammelabschiebung nach Albanien geflogen. ZeugInnen zufolge habe er bei der Abschiebung von einer anwesenden Ärztin eine Beruhigungsspritze bekommen, von der Polizei sei er geschlagen und schließlich nur mit einer Unterhose bekleidet abtransportiert worden.