Unter dem Motto „Was meint ihr, wenn ihr sagt, ihr seid gegen rechts? “ findet sich bei Radio Dreyeckland ein Kommentar, den wir hier gekürzt und leicht überarbeitet noch einmal abdrucken.
In Mönchengladbach wurde am 27. Mai ein Anschlag auf ein Wohnheim der Lebenshilfe verübt. In dem Heim wohnen Menschen mit Behinderungen. Es war eindeutig ein Anschlag von Nazis. Auf dem Stein, mit dem sie eine Fensterscheibe der Eingangstür einschlugen, stand „Euthanasie ist die Lösung“. Ein klarer Mordaufruf gegen Menschen mit Behinderung. Die NS-Sprache und -ideologie ist eindeutig und die Botschaft auch. Sie richtet sich an alle Menschen mit Behinderungen, ob mit sichtbaren oder unsichtbaren Behinderungen. Sie bedroht alle. Ableismus tötet, heißt ein Statement der Community. Die Meldung dieses Anschlages fand relativ wenig Resonanz in Presse und Medien. Nur die Lebenshilfe in Mönchengladbach rief zu einer Kundgebung auf. Sie ging allerdings bei der Organisation der Kundgebung über die Menschen mit Behinderungen und auch an deren bestehenden Communities hinweg. Es gab deswegen im Vorfeld viel Kritik am Vorgehen der Lebenshilfe von Seiten vieler behinderter Menschen, u.a. von der Gruppe Rollfender Widerstand. Nach dem Motto: „Nichts über uns ohne ohne uns!“ wollten sie einen Redebeitrag halten, durften aber nicht. Weiterlesen
Juli 01 2024
Ableismus – Anschlag von Nazis auf ein Wohnheim der Lebenshilfe
Juni 01 2024
Bürgergeld verfassungsrechtlich zu niedrig
Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten ist Hartz IV, das jetzt Bürgergeld heißt, zu niedrig, zu diesem Schluss kommen die Juristinnen Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte und Ulrike Müller in einem Artikel auf dem Verfassungsblog.
Würden weniger Verfassungsfeinde den politischen und medialen Diskurs bestimmen, müsste es also eigentlich klar sein, dass das Bürgergeld nicht gekürzt, sondern ganz dringend erhöht werden muss.
„Ein […] Bürgergeld muss […] ausreichend sein, um materielle und soziale Ernährungsarmut zu vermeiden. Die aktuellen […] Beträge entsprechen allerdings nicht diesem Anspruch“ schreibt der wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Weiterlesen
Mai 19 2024
Stadt-für-Alle-Nachrichten (Rückblick 15. April bis 15. Mai 2024)
Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann sie hier bei RDL nachhören.
STADT MUSS WOHNUNGSLOSEN HOSTEL-ÜBERNACHTUNG ZAHLEN
Das Leipziger Sozialgericht hat entschieden, dass die Stadt Leipzig, bzw. das Jobcenter einem wohnungslosen Pärchen die Kosten für die Übernachtung in einem Hostel erstatten muss, bzw. die Rechnung begleichen, selbst wenn diese die Mietobergrenze deutlich übersteigt. Für den Zeitraum vom 7. März bis Ende Mai machte das Pärchen knappe 6000 € geltend. Das entspricht 35 € pro Person und Tag, inklusive Frühstück. Das SGB II beziehende Paar, das zuvor wohnungslos war, hatte im November beim Jobcenter die Übernahme der Kosten im Hosteldoppelzimmer beantragt. Es hatte auf den nahenden Winter verwiesen und zusätzlich erklärt, dass die Notübernachtungsstellen nach Geschlechtern getrennt seien und keine Pärchen aufnehmen würden. Die Stadt Leipzig hatte den Antrag abgelehnt. Das Paar konnte aufgrund einer Spendenkampagne die Hostelrechnung bis zum 7. März trotzdem begleichen. Das Gericht führte aus, dass das Paar keine andere Möglichkeit hatte, eine Wohnung an einem zumutbaren Ort anzumieten und kritisierte die Stadt Leipzig dafür, dass diese die Hostelkosten als unangemessen bezeichnete, weil billiger in einer Obdachlosenunterkunft hätte genächtigt werden können. Das Gericht verwies darauf, dass der Erfolg der Suchttherapie des Paares in einer Obdachlosenunterkunft gefährdet wäre und entschied letztlich, dass die Hostelkosten in diesem Fall angemessen seien.
STEIGENDE GEWALT GEGEN OBDACHLOSE Weiterlesen
Mai 01 2024
Solidarität mit Geflüchteten, Bürgergeldempfänger*innen, Arbeits- und Wohnungslosen
Wir dokumentieren den Entwurf für einen Aufruf zur landesweiten Demo am 1 Juni. Aktuelle Infos gibt es unter: aktionbleiberecht.de
Das öffentliche Ressentiment gegen alle vermeintlich „Arbeitsscheuen“, gegen alle, die vermeintlich „in der sozialen Hängematte liegen“, gegen „Flüchtlinge auf Parkbänken“, „faule Ukrainer“, „Bürgergeldempfänger mit Porsche“, die “Bettelmafia aus Osteuropa“, „Totalverweigerer“ usw. nimmt in den letzten Monaten wieder so richtig Fahrt auf. Es ist nichts Neues, sondern das Immergleiche – ausgelutscht und wieder ausgespuckt, sobald es kriselt, ist es wieder „en vogue“.
Warum scheint plötzlich eine der größten Bedrohungen für das „deutsche Volksempfinden“ von einer kleinen Gruppe Menschen auszugehen? Warum wird wieder die Peitsche geschwungen; werden Flüchtlinge und Langzeitarbeitslose entmündigt und autoritär in rechtlose Arbeitsverhältnisse gezwungen? Und die Bezahlkarte, Wiedergängerin tot geglaubter Zeiten, soll das Wundermittel der Stunde gegen sogenannte Schleuser und „Migrationsanreize“ sein? Minimale Leistungen, Arbeitsverbote, langjähriger Lageraufenthalt und eine Sachleistungsversorgung haben zu keinem Zeitpunkt Flucht verhindert. Ob selbstgeglaubte Lügen oder ohnmächtige Demonstration von „Handlungsfähigkeit“ – Was Landrat Herrgott und seine Apostel unermüdlich in die Presse kreischen, ist pures Ressentiment. Dreist und
paternalistisch höhnen die Herren: Arbeitspflicht gebe Flüchtlingen eine Tagesstruktur und eine sinnvolle Tätigkeit. Die „Aufwandsentschädigung“, es ist ja kein Lohn, von 64€ im Monat (!) sei eine gern gesehene
Zusatzeinnahme und obendrein eine Anerkennung. Warum braucht es Sanktionen? „Weil es eine Frage der Gerechtigkeit ist.“ Wer nicht arbeitet, soll auch nichts essen. Die Rede vom „Sozialmissbrauch“ ist nur eine Chiffre für den Hass auf Nicht-Arbeit. Weil der Arbeitszwang für alle, die Lohnarbeit, als Naturnotwendigkeit verinnerlicht wird, muss auch die Sehnsucht nach Nicht- Arbeit verdrängt werden. Gleichzeitig spüren viele, dass der Kapitalismus an seine inneren Schranken stößt, der soziale Abstieg und globale Katastrophen drohen. So wie das (verdrängte) Unbehagen gegen das „Arbeitenmüssen“ wird auch der Hass auf die drohende Überflüssigkeit der eigenen Arbeitskraft nach außen, auf die (rassifizierten) vermeintlich Nicht-Arbeitenden projiziert. Darum werden Geflüchteten widersprüchliche Vorwürfe gemacht. Einerseits seien sie „faul“ und lägen den deutschen Steuerzahlern auf der Tasche, sie müssten zur Arbeit gezwungen werden. Andererseits seien sie nur „Wirtschaftsflüchtlinge“, also bloß fürs Arbeiten gekommen und würden den Deutschen die Arbeitsplätze wegzunehmen. Die vermeintliche Rettung liegt dann konsequenterweise in der „solidarischen“ deutschen „Volksgemeinschaft“ und in der Hoffnung auf den Staat, endlich was gegen die ausländischen „Sozialschmarotzer“ zu tun: „Wir müssen endlich in großem Stil abschieben!“ Während sich die rassistischen Ressentiments verschärfen, werden marginalisierte Gruppen gegeneinander ausgespielt. Dabei arbeiten Migrant*innen hier millionenfach als Billiglöhner*innen – regulär wie irregulär, in der Pflege, im Haushalt, auf dem Bau, in der Landwirtschaft. Nicht sie, sondern andere sind die Gewinner.
Es zeigt sich eine neue Hegemonie rechter Politik in Krisenzeiten – nicht das erste Mal. Sie wendet sich nicht nur gegen Geflüchtete, sondern alle (vermeintlich) nicht-deutschen und von Armut und Ausgrenzung betroffenen Menschen.
Wir dürfen diesen Entgrenzungen nicht einfach zusehen, wir müssen lautstark dagegen auf die Straße gehen! Wir rufen euch zur landesweiten Demo auf. Gegen rassistische Hetze, Bezahlkarte, Arbeitspflicht, Duldung, Asylbewerberleistungsgesetz und alle anderen Demütigungen und Entmündigungen, denen Flüchtlinge, Arbeits- und Wohnungslose ausgesetzt sind.