STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN (02/03 2016)

Nun sind sie wieder da, die „Stadt für Alle“ Nachrichten aus Freiburg und der Welt. Wer nicht lesen will, kann hören! Zumindest diese Stadt-für-Alle Nachrichten.

[FR] STADTVERWALTUNG WILL OBDACHLOSE VERTREIBEN
Die Freiburger Stadtverwaltung ist dabei, Obdachlose aus der Innenstadt zu vertreiben. Wer der Aufforderung des Ordnungsamtes zu gehen nicht Folge leistet, wer sich nicht z.B. in die Unterkunft Oase begibt, dem droht eine polizeiliche Räumung und ein Innenstadtverbot. Es habe Beschwerden des Einzelhandels gegeben. Über die Verdrängungspolitik wurden im Vorfeld weder der Arbeitskreis Wohnungslosenhilfe noch der Gemeinderat informiert. Sogar die Freiburger Polizei soll nicht begeistert gewesen sein, die Menschen zu verdrängen, um für ein sauberes Innenstadtbild zu sorgen und vermeintliche Probleme zu verlagern. Die vorhandenen Obdachloseneinrichtungen sind völlig überfüllt. Soziale Probleme werden hier geballt.

[FR] HASLACH: SALOMON UND CO. BEGRÜSSEN GENTRIFIZIERUNG
An der Uffhauser Straße in Freiburg-Haslach sollen bis 2020 120 Eigentumswohnungen entstehen. In der Vergangenheit standen hier 32 Mietwohnungen, die der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gehörten. Dass nur Eigentumswohnungen entstehen, sei gut für die soziale „Durchmischung“ in Haslach, so Investor Gisinger, im besten Neusprech. Denn bei Kaufpreisen zwischen 4150 und 4600 € pro m², die bei einer 100m²- Wohnung mit anfallenden Zusatzkosten gut und gerne zu Preisen von 500.000€ führen werden, handelt es sich nur um eins: Um eine weitere Gentrifizierung Haslachs, die auch den Rest des Viertels verteuern und somit einkommensärmere Menschen verdrängen wird. Oberbürgermeister Salomon sprach beim Spatenstich hingegen zufrieden vom „Strukturwandel“ in Haslach, den er ganz offenbar begrüßt.

[FR] KAUM NEUE SOZIALWOHNUNGEN
Zwischen 2012 und 2014 wurden in Freiburg gerade einmal 19 sozialgebundene Wohnungen beantragt. Zwischen 2013 und 2015 wurden aus älteren Anträgen lediglich 220 sozialgebundene Wohnungen im Neubau fertiggestellt. Das sind deutlich weniger als im selben Zeitraum aus der sozialen Bindung gefallen sind. 2011 und 2014 wurde keine einzige Sozialwohnung gebaut. Auch aus dem Gemeinderat kommt wenig Druck dafür, dass die vorhandene Möglichkeit genutzt wird, auslaufende Sozialbindungen, etwa im Stadtbaubestand,  mithilfe von Landesmitteln um 25 Jahre zu verlängern.

[FR] BAUTRÄGERGESCHÄFT DER FSB IST DEFIZITÄR
Die aktuellen Zahlen der Freiburger Stadtbau (FSB) zeigen: Das Bauträgergeschäft der FSB, also die Schaffung von Eigentum, ist defizitär. In der Vergangenheit hatten Klausmann und Co. versucht diese Tatsache zu verschleiern, indem sie ihre Personalkosten allein dem Mietbereich zugeschrieben haben. Statt dem sozialen Auftrag gerecht zu werden, zieht die FSB ihre oftmals eher finanzschwächeren MieterInnen also noch zur Finanzierung der Schaffung von teurem Wohnraum heran. Der Mieterbeiratsvorsitzende der FSB kommentiert das mit den Worten: Was Lehman Brothers für den Steuerzahler war, ist das Bauträgergeschäft für MieterInnen der Freiburger Stadtbau.

[FR] KEIN GELD FÜR „KNOPFHÄUSLESIEDLUNG“
Die „Knopfhäuslesiedlung“ am Alten Messplatz in der Wiehre, entstanden als Arbeitersiedlung im 19. Jahrhundert, wird nicht in das Bund-Länder-Förderprogramm „Soziale Stadt“ aufgenommen. Obwohl 130 Jahre lang diverse EigentümerInnen, zuletzt die FSB, Miete kassiert haben, ist die Instandsetzung vernachlässigt worden. Die Sanierung von Sozialwohnungen in der Wiehre wird nicht gefördert. „Soziale-Stadt“-Gelder gibt es hingegen für Eigentumsbildung, einhergehend mit der Vertreibung älterer MieterInnen, bei der Umgestaltung des Hochhauses Binzengrün 34 in Weingarten durch die FSB.

[FR] FSB-LUXUSBAUTEN IN GÜNTERSTAL WEITER LEER
Gerade einmal 6 von 15 Reihenhäuser der FSB in Günterstal sind mittlerweile verkauft. 12 Millionen Euro hat die städtische Tochter investiert. Für 800.000 € will sie die Reiheinhäuser in schattiger Lage verkaufen. Selbst für Besserverdiener ein unattraktives Angebot. Seit 2 Jahren sind die Häuser auf dem Markt. Mit dem Leerstand der 9 weiteren Häuser verstößt die städtische Tochtergesellschaft auch fröhlich gegen die städtische Zweckentfremdungssatzung, die einen Leerstand von Wohnraum von über einem halben Jahr verbietet. Eigentlich wäre das Ganze also auch ein Fall für die Justiz.

[FR] MIETERINNEN GEGEN VENOVIA
Im Freiburger Stadtteil St. Georgen hat sich eine Mieterinitiative gegründet. Eigentümer der Wohnblocks an der Innsbrucker und der Gabelsberger Straße mit etwa 100 Wohnungen ist das größte deutsche Wohnungsunternehmen Venovia, das vor einiger Zeit noch deutsche Annington hieß. Venovia gehören 2700 Wohnungen in Freiburg. Die MieterInnen haben eine Liste von 49 Mängeln erstellt, z.B. brüchige Fassaden, und sich an Venovia gewandt. Eine zufriedenstellende Antwort bekommen sie nicht. Ein Anwalt ist eingeschaltet. Die Kosten für den nie zu sehenden „Hauswart“ haben sich innerhalb von zwei Jahren z.B. mehr als verdoppelt. Die Venovia erklärt schlicht, dass eine Modernisierung nicht geplant sei und dies obwohl wahrscheinlich nahezu die gesamte Liste unter Instandhaltung fallen würde, zu der das Unternehmen verpflichtet ist.

[FR] FLÜCHTLINGE LEBEN HINTER GITTERN
Die Unterbringung von Flüchtlingen in Freiburger Wohnheimen gleicht sich an den Stil der Erstaufnahmemassenlager an. Um das Wohnheim an der Bissierstraße wurde z.B. ein Zaun gebaut. Den Zugang kontrolliert die Sicherheitsfirma CDS. Der Eintritt ist nur mit BewohnerInnen-Ausweis ohne weiteres möglich. BesucherInnen müssen angeben, wen sie besuchen, ihre Personalien werden kontrolliert und die Besuchszeit notiert. In mehreren Wohnheimen reißen Sicherheitsleute abends unangekündigt Zimmertüren zu den privaten Räumen der BewohnerInnen auf und schauen hinein. So überhaupt Wohngegenden in der Nähe sind, können interessierte AnwohnerInnen nicht mehr einfach den Hof eines Wohnheims besuchen und ihre dortigen Nachbarn kennenlernen. Die Isolation von Flüchtlingen wird also auch in Freiburg weiter verstärkt. So stigmatisert man Bevölkerungsgruppen.

SEBSTBESTIMMTES WOHNEN STATT MASSENUNTERBRINGUNG!
In Leipzig fand im März ein Symposium zur Unterbringungspraxis von Geflüchteten und Wege zum selbstbestimmten Wohnen statt. Kritisiert wird die Praxis, Menschen in Sammellagern unterzubringen. Für die Betroffenen bedeute diese Art der Unterbringung eine Einschränkung der Selbstbestimmtheit. Dagegen habe sich schon in der Wohnungslosenhilfe das aus den USA kommende Konzept housing first bewährt. Nur so kann eine wirkliche Inklusion in die Gesellschaft gelingen.

[FR] DGB: VERANTWORTUNG FÜR FLÜCHTLINGE ?
Immer noch weigert sich der DGB, der Initiative für ein neues großes Rasthaus für Flüchtlinge in Freiburg entgegenzukommen und ein soziales Zentrum für Alle im ehemaligen DGB-Haus in der Hebelstraße zu ermöglichen. Obwohl der DGB erklärt, er und seine Mitgliedsgewerkschaften stellten sich den Herausforderungen, die mit der wachsenden Zahl von geflüchteten Menschen verbunden sind, lässt er seine Immobiliengesellschaft wohl weiter wie ein normales Immobilienunternehmen handeln. Zwar gab es Unterstützungssignale vom DGB-Ortsverband und dem ver.di-Ortsverband, allerdings halten sich die Gewerkschaftsfunktionäre vornehm zurück. Die Bundesebene blockiert komplett. Und dies, obwohl der DGB über die IG Metall Mitgliedsgelder, gerade mit der in Baden-Württemberg starken Rüstungsindustrie, kräftig an der Schaffung von Fluchtursachen, verdient.