Seit 2016 existiert in Freiburg eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) für die Aufnahme und Registrierung geflüchteter Menschen. Der Gemeinderat der Stadt Freiburg hat der Einrichtung, in der bis zu 800 Menschen untergebracht werden können, mehrheitlich zugestimmt und sich gleichzeitig der Verantwortung einer kommunalen Flüchtlingsaufnahme entzogen. Bei der Einrichtung handelt es sich um eine Institution, in der alle Lebensäußerungen der dort wohnenden Menschen bestimmt, geregelt und kontrolliert werden. Festgelegt ist dies in einer Hausordnung und dem Vertrag, der zwischen dem Regierungspräsidium Freiburg und dem Betreiber der Einrichtung, European Homecare, vereinbart wurde. Die Geflüchteten, die in der Einrichtung leben, unterliegen einer Wohnsitzauflage und der Residenzpflicht. Wer sich in einem Asylverfahren befindet oder eine Duldung hat, darf nicht außerhalb der Einrichtung wohnen und ohne Genehmigung die Stadt Freiburg nicht verlassen. Wer länger als sieben Tage abwesend ist, verliert die Berechtigung, in der Einrichtung zu leben, und sämtliche sozialen Ansprüche. Über die Abwesenheit wird die Polizei informiert. Weiterlesen
Feb. 10 2020
Für einen starken Rechtsstaat
Die CDU/CSU und SPD hielten im 2018 geschlossenen Koalitionsvertrag fest, man wolle einen „Pakt für den Rechtsstaat“ zwischen dem Bund und den Ländern schließen. Es gelte, „den Rechtsstaat handlungsfähig [zu] erhalten“ (Zeile 5744 des Koalitionsvertrags).
Im Januar 2019 war es so weit: Angela Merkel vereinbarte mit den Ministerpräsident*innen der Länder einen Maßnahmenkatalog, zu dem unter anderem eine bessere Personalausstattung von Polizei und Justiz gehören, eine verbesserte Kommunikation zwischen Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten sowie eine Beschleunigung und Vereinfachung bestimmter Gerichtsverfahren.
Getragen werden diese Maßnahmen von der Absicht, das staatliche Gewaltmonopol auszubauen, indem die Eingriffsbefugnisse sowie die faktischen Eingriffsmöglichkeiten von Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten (etwa durch eine Aufwertung der personellen Ressourcen) gestärkt werden. Weiterlesen
Feb. 10 2020
Sicherheit als „Supergrundrecht“? Die neuen Polizeigesetze im Kontext der Sicherheitsdebatte
Im Jahr 2013 erklärte der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Sicherheit zu einem „Supergrundrecht“, das man „in der Abwägung aller Dinge ganz nach vorne stellen“ müsse.
Diese verfassungsrechtlich unhaltbare These scheint tatsächlich in den letzten Jahren zur sicherheitspolitischen Maxime konservativer Politiker*innen geworden zu sein.
Als Reaktion auf ein gestiegenes Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung wurden sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene zahlreiche „Sicherheitspakete“ verabschiedet, bei denen verfassungsrechtliche Spielräume nicht nur ausgereizt, sondern auch vielfach überschritten wurden. Dieser Beitrag beleuchtet in diesem Kontext die Hintergründe und Auswirkungen der Polizeigesetzverschärfungen der letzten Jahre in Baden-Württemberg.
Mit dem Regierungswechsel von Grün-Rot zu Grün-Schwarz 2016 fiel auch das bislang SPD-geführte Innenministerium an die CDU. Neuer Innenminister wurde Thomas Strobl, der schon länger als sicherheitspolitischer Hardliner bekannt war. Nahezu umgehend schloss sich Baden-Württemberg 2017 dann der bundesweiten Welle an Polizeigesetzverschärfungen an und hat seitdem das zweitschärfste Polizeigesetz bundesweit.
Seither hat die Polizei mehr Befugnisse, was den Einsatz von Explosiv- und Sprengmitteln gegen Personen angeht und darf Aufnahmen von Überwachungskameras im öffentlichen Raum automatisch auswerten. Sogenannte Gefährder*innen kann sie mit Aufenthalts- und Kontaktverboten belegen, diese unter Hausarrest stellen oder mittels elektronischer Fußfessel rund um die Uhr überwachen. All dies wohlgemerkt präventiv, ohne dass die betreffende Person bisher strafrechtlich in Erscheinung getreten sein muss.
Mit der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) wurde zudem legalisiert, dass die Polizei durch den Einsatz einer eigenen Schadsoftware die gesamte digitale Kommunikation einer Person überwachen kann.
Mit der Gesetzesnovelle ging also sowohl eine fortschreitende Militarisierung als auch eine Ausstattung der Polizei mit Befugnissen einher, die vorher ausschließlich den Geheimdiensten zustanden. Wie letzteres mit dem strikten Trennungsgebot zwischen Polizei und Nachrichtendiensten vereinbart sein soll, dessen Existenz sich aus den Verbrechen der Gestapo im Dritten Reich speist, ist schleierhaft. Weiterlesen
Feb. 10 2020
„Für ein solidarisches & gewaltfreies Freiburg – für alle!“
In Reaktion auf die 2018 nach der Vergewaltigung einer jungen Frau durch mehrere Männer ausgerufenen „Sicherheits-„Debatte in Freiburg hat sich bei vielen solidarischen Gruppen in Freiburg Widerstand gegen den öffentlichen Diskurs und die sogenannten Sicherheitsmaßnahmen geregt, und es wurde das Bündnis „Antirassistischer Feminismus“, bestehend aus 33 Gruppen, gegründet. Innerhalb mehrerer Austauschtreffen wurden solidarische Gegenstrategien erarbeitet, die im Februar 2019 in der Veröffentlichung einer Stellungnahme mündeten. Zu dieser Zeit billigte der Freiburger Gemeinderat gerade das Maßnahmenpaket der Sicherheitspartnerschaft (SIPA). Damit ist diese Stellungnahme kein Nachruf auf ein einmaliges Problem. Es ist ein Aufruf, sich einer autoritären Politik entgegenzustellen. Die Stellungnahme: „Für ein solidarisches & gewaltfreies Freiburg für alle! Eine Stellungnahme zum aktuellen Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Stadt Freiburg könnt ihr unter https://www.aktionbleiberecht. de/?p=15970 lesen.
Dieser Beitrag ist in der Zeitung „Gefährliches Pflaster“ – Zeitung zur Sicherheitskritik erschienen.
Feb. 10 2020
Soziale Arbeit – im Auftrag der Sicherheit unterwegs?
Im Gegensatz zur Repression scheint Soziale Arbeit ein positives Image zu haben. So sieht der Leiter des Freiburger Vollzugsdienstes (VD) sich und seine Kolleg*innen „ein wenig wie Sozialarbeiter“ bzw. als „Sozialarbeiter mit Durchgriffsmöglichkeit“ (beides 2018). Angesichts dieser etwas eigenwilligen Interpretation von Sozialer Arbeit will sich der „Arbeitskreis kritische Soziale Arbeit“ (aks Freiburg) in aller Deutlichkeit von den Aussagen des VDs distanzieren und klarstellen: Soziale Arbeit setzt sich für Menschen ein und ergreift Position gegen soziale Benachteiligung, Ausgrenzung und Stigmatisierung! Und wenn schon der Bedarf an Sozialer Arbeit im öffentlichen Raum durch den VD gesehen wird, sollte auch bedarfsgerecht Soziale Arbeit finanziert und eingerichtet werden anstatt die Ordnungsbehörde zur Sozialen Arbeit umzuschreiben. In der „Sicherheits“-Debatte ist zu beobachten, wie die Soziale Arbeit, im Speziellen die Straßensozialarbeit, vereinnahmt und zu einem wichtigen Teil des Sicherheitspakets (SIPA) gemacht wurde. Weiterlesen